Heute würde man ihn wahrscheinlich als "ausgeflippten freak" bezeichnen, aber damals, vor 200 Jahren war er für die Menschen ein Besessener, er war "besessen" von Musik: der römische Abbate Fortunato Santini (1777-1861), der schon mit zwanzig eine ganz außergewöhnliche Leidenschaft für sich entdeckt. Eine seltsame Idee begeistert ihn und soll ihm zur Lebensaufgabe werden: er will eine Sammlung von Musikalien, von Autographen und Abschriften alter Musik anlegen, wie es sie bis dahin in Italien und auch anderswo noch nicht gegeben hat. Ein hochgestecktes Ziel, von dem er weiß, daß er es nur in Rom und nur durch persönliche und internationale Beziehungen wird erreichen können: sein Mittel ist ein ausgefeiltes Netzwerk, das sich über ganz Europa erstreckt. Sein Motto: schenken, handeln, tauschen. - 50 Jahre später ist diese Sammlung mit ihren 20.000 Titeln in 4500 Handschriften und 1200 Drucken zur "vollständigsten Musikbibliothek" der Welt angewachsen. Viele vergessene Werke der großen Europäischen Musikgeschichte, die wohlmöglich verloren gegangen wären, sind uns heute nur dank Santini's Sammlertrieb überliefert. Daß diese private Musikaliensammlung vor 150 Jahren ausgerechnet in Münster in Westfalen "landet", ist wohl eine der merkwürdigsten kulturellen Besonderheiten Europas.
Wie schafft es ein einzelner Mann ohne Internet, ohne Computer und ohne eigenes Kapital, eine so bedeutende Sammlung von Musikalien zusammenzustellen? Antwort gibt der Film in Form eines musikalischen Dokudramas mit fingierten Interviews, Monologen und Aussagen von Santini selbst und seinen Zeitgenossen. Dabei wird nicht nur die 50jährige Entstehungsgeschichte dieser begehrten Sammlung, sondern auch deren weiteres Schicksal über die Jahrhunderte erzählt.
Parallel zur Geschichte Santinis und dessen Lebenswerkes steht der Film selbst für den Beginn einer hoffentlich kontinuierlichen Auswertung der wertvollen Sammlung. So zeigt er die Zusammenarbeit des römischen Ensembles Seicentonovecento sowie der Cappella Musicale di Santa Maria dell'Anima mit dem ambitionierten münster'schen Domchor der Capella Ludgeriana. Die italienischen Profis studieren zusammen mit dem deutschen Laienchor Werke aus Santinis Sammlung ein, um sie zu "Klang" zu bringen. Ergebnis dieser Zusammenarbeit ist schließlich ein Konzert im Dom zu Münster. Die Arbeit der Musiker begleitet den ganzen Film und liefert ihm die Musik.
" ... Den Filmemachern ist ein glänzender musikpropagandistischer Coup gelungen." Hans John (Musikwissenschaftler Dresden)
ITALIEN/DEUTSCHLAND, 85', HD, Farbe
Produktion: LICHTSPIEL ENTERTAINMENT / WDR / MEDIA / FILM UND MEDIENSTIFTUNG NRW